40 Jahre Liebe zur Panflöte
Seine Liebe zur Panflöte währt fast 40 Jahre – für den Rümlanger Michael Dinner ist das Instrument Beruf und Berufung zugleich. Mit einem Konzert möchte er sein Publikum verzaubern.
Michael Dinner in Rümlang beim Stimmen einer seiner Panflöten. Bild: Martina Kleinsorg
Seine Liebe zur Panflöte währt fast 40 Jahre – für den Rümlanger Michael Dinner ist das Instrument Beruf und Berufung zugleich. Mit einem Konzert möchte er sein Publikum verzaubern.
Rümlang. In seinem Alter denke mancher über eine Umschulung nach, um vor der Pensionierung vielleicht noch einmal etwas ganz anderes zu machen, meint Michael Dinner. Doch für den 49-jährigen Rümlanger ist das kein Thema: «Ich habe den schönsten Job, den ich mir vorstellen kann, er bietet mir unheimlich viel Abwechslung.» Es war Ennio Morricones Soundtrack zum Filmklassiker «Once upon in America», der Dinner bereits als Bub für die Panflöte entflammte. Was als Hobby begann, spielt seit über 25 Jahren auch beruflich die Hauptrolle: 1997 eröffnete er seine eigene Panflöten-Firma mit Werkstatt, Schule und Verlag.
«Das Jubiläum fiel in die Coronazeit, darum habe ich es gar nicht gefeiert». Gleiches gilt für den Umzug seiner Musikschule von Höri nach Rümlang im April 2020. Vormals im Dachgeschoss eines Wohnhauses eingemietet, konnte er sich nun auf der halben Etage eines Gewerbehauses an der Ifangstrasse 91 ganz nach seinen Wünschen einrichten. «Ich habe am Montag eröffnet und am Dienstag gleich wieder zugemacht», erinnert er sich an die aufreibende Zeit. Die Wochen des Lockdowns boten die Chance, rund um die Uhr selbst Musik zu machen. «Ich habe geübt, gespielt, Noten geschrieben und zahlreiche Tonaufnahmen gemacht.»
Vollends ausschöpfen kann er die Vorzüge der neuen Lokalität nach Rückkehr in die Normalität, er unterrichtet jeweils von Montag bis Donnerstag ab Mittag bis abends. Zu seinen Klienten gehören zum einen Kinder der Musikschule Zürich Unterland (MSZU), die er – im Unterschied zu anderen Lehrern – ebenfalls in den eigenen Räumen unterrichtet. Ebenso kommen zu ihm Erwachsene aus der Region, die Panflöte lernen möchten – und zudem jene, welche die Anreise von St. Gallen, Bern oder gar aus dem Wallis auf sich nehmen. «Oft haben sie mich im Rahmen des internationalen Swiss-Panflötenseminars kennengelernt, das ich seit 2001 organisiere.»
Gefragt sei auch sein Angebot an Wochenend-Tageskursen: «Ich habe hier eine grosszügige Küche, so können wir zusammen musizieren, kochen und essen, haben auch Zeit für das Zwischenmenschliche.» Ein Raumteiler aus alten Balken sorgt für heimeliges Ambiente. «Holz dient auch der Akustik, denn es schluckt den Schall.» Und es könne schon mal laut werden, wenn sich bei ihm ein über lange Jahre gewachsenes, bis zu zwölfköpfiges Ensemble zum Üben für gelegentliche Auftritte in Alterszentren trifft. «Wir nennen uns ‹PANsionäre›, denn alle, ausser mir, sind bereits im Ruhestand.» Panflöte könne jeder lernen, ist Dinner überzeugt – auch wenn es manchmal Monate dauere, bis es nicht nur tönt, sondern auch gut klingt. «Die Panflöte hat kein Mundstück, man muss es mit den Lippen formen – ich feile heute noch am Ton, dass er noch schöner wird.» Auch er komme nach zwei Wochen Ferien aus der Routine, doch sei die Muskulatur bei intensivem Training schnell wieder aufgebaut, sagt der langjährige Marathonläufer. «Wer nicht übt, hat keine Erfolgserlebnisse und gibt eher auf – das ist aber bei jedem Instrument so.» Die Passion für das Instrument kenne jedoch kein Alter, weiss Dinner von einem Schüler zu berichten, der erst mit 86 Jahren mit dem Unterricht begonnen hat.
Hunderte von Panflöten hat Dinner in seiner Werkstatt selbst gebaut – 15 bis 30 sind es in manchem Jahr, zu Preisen von 1300 Franken an aufwärts. Die dafür benötigten, bis zu fünf Meter langen Stangen Chinesischer Bambus bezieht er im Gartenbaucenter, das Spezielle sei die anschliessende Auslese: «Nur zehn Prozent werden zur Panflöte verbaut, der Rest ist Verschleiss.» Manchmal könne er den ganzen Bund nicht brauchen, weil die Dimensionen nicht stimmten. «Das sieht man erst, wenn man es aufgesägt hat.» Dicke und Konsistenz entscheiden über den späteren Klang – hell oder dunkel, fett oder eher windig. In der Werkstatt sortiert Dinner den Bambus anhand des Schnittbildes vor, insgesamt muss dieser mindestens zehn Jahre lagern.
Der Bau des drei Oktaven umfassenden Instruments beansprucht rund sechs Stunden, abschliessend werden die 22 unterschiedlich langen Rohre mit Kork oder Balsaholz und Bienenwachs traditionell in G-Dur gestimmt. Neben der Standard-Altpanflöte fertigt er auch grössere Tenor- oder Bassflöten im tieferen Tonbereich.
Als Musikverleger komponiert Dinner ab und zu Lernstücke für Kinder und/oder Anfänger, «ohne grosse Intervalle und doch melodiös – das ist wichtig, damit es Freude macht». Meist seien es folkloristische Stücke oder Popmusik, die er speziell für die Panflöte arrangiere. «Es lassen sich nicht einfach Violinennoten für die Panflöte verwenden – umgekehrt funktioniert es schon.» Davon könne er im digitalen Zeitalter profitieren: «Früher lagen die Noten für Panflöten im Musikhandel ganz unten im Stapel. Gibt man heute die Noten in die Suchmaske ein, erscheinen sie auch unter Geige.»
«Die in Rumänien beheimatete Panflöte ist nach einem Boom in den 80er Jahren hierzulande nach wie vor ein Randinstrument», bedauert Dinner. Immerhin seien unter seinen aktuell fünf Musikschulkindern erstmals zwei aus Rümlang. «Mein Wunsch ist es, die Panflöte im Dorf bekannter zu machen», dabei setze er auf Auftritte seiner Schüler und Schülerinnen, die nächste Gelegenheit sei das Osterkonzert in der reformierten Kirche.
Auf rund zehn eigene Konzerte im Jahr beschränkt sich Michael Dinner derzeit, denn die Organisation koste viel Zeit, die ihm woanders fehle. Als eingespieltes Team mit Kiyomi Higaki am Piano möchte der Panflötist am 5. November das Publikum in Rümlang mit «Filmmusik zum Träumen» verzaubern. Das Repertoire umfasst Klassiker, Folklore und moderne Melodien, darunter auch Ennio Morricones Kompositionen. «Der Ton und technische Finessen stehen beim Üben im Vordergrund», nennt er seinen Anspruch: «Den faszinierenden Sound der Panflöte zu Melodien, die fast jeder kennt – das macht es fast noch schwieriger, weil jeder merkt, wenn man einen Fehler macht.»
«Filmmusik zum Träumen»: Konzert mit Michael Dinner (Panflöte) und Kiyomi Higaki (Piano) am Sonntag, 5. November, 17 Uhr, in der reformierten Kirche Rümlang. Weitere Infos unter www.panfloete.ch
Martina Kleinsorg
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